Mut gehört dazu … wenn die Human Transformation mit der digitalen Schritt halten soll

Ein Artikel aus DIGITUS Magazin

Ein Interview mit Dr. Consuela Utsch, Geschäftsführerin der Acuroc GmbH


Was bedeutet die Digitalisierung eigentlich für das Human Resource Management? Wie können Mitarbeiter mit dem digitalen Wandel mithalten? Wie sollten Prozesse gestaltet werden, um die Möglichkeiten optimal zu nutzen?
Im Interview erläutert Dr. Consuela Utsch, Geschäftsführerin der Acuroc GmbH und Expertin für Human Resource Management, wie Unternehmen die Human Transformation vorantreiben und so das Potenzial des digitalen Wandels entfalten.

Frau Dr. Utsch, die digitale Transformation bringt viele Veränderungen mit sich. Wie müssen Unternehmen darauf reagieren und ihre Prozesse anpassen?

Consuela Utsch: Digitale Transformation bedeutet einerseits innovative Serviceideen und andererseits die zielorientierte Realisierung der Services. Ohne abteilungs- und firmenübergreifendes Teamwork und das Arbeiten in virtuellen Teams mit Partnern oder Lieferanten ist diese Zielsetzung nicht erreichbar. Sicher gibt es auch technische Herausforderungen, die durch erhöhtes Datenaufkommen, Sicherheitsanforderungen oder Schnittstellenprobleme gelöst werden müssen, doch gelingt dies umso effizienter und effektiver, je mehr kluge Köpfe gemeinsam an der Lösung arbeiten.
Aktuell hat in vielen Organisationen noch die Linienorganisation das Sagen. Das heißt, es wird in Know-how-fokussierten Abteilungen gearbeitet, die sich teilweise mit abteilungsübergreifendem Arbeiten schwertun. Viele Unternehmen können es sich aber kaum leisten, diesen Teams die Zeit zu lassen, sich in Ruhe zu finden, um erst nach einigen Monaten zu performen. Treffen dann in virtuellen Teams noch kulturelle Unterschiede, unterschiedliche Erfahrungen und Arbeitsweisen sowie Kommunikationsverhalten aufeinander, erhöht dies das Risiko auf Misserfolg enorm. Zudem müssen Teams auch dann erfolgreich zusammenarbeiten können, wenn die Teammitglieder mit völlig unterschiedlicher Reife bezüglich Strukturierung, Methoden- oder Prozesskompetenz ausgestattet sind.

Sie haben gerade davon gesprochen, dass für die digitale Transformation insbesondere Innovation benötigt wird. Wie bekommt man innovative Serviceideen?

Wir haben einige Kunden, die extra ein Start-up gegründet haben, um die Innovation im Unternehmen zu steigern. Die Ergebnisse waren jedoch so weit von dem weg, was in den nächsten Jahren umsetzbar ist, dass keine verwertbaren Resultate erzielt wurden. Andere Unternehmen führen Innovations-Workshops durch und sind über den spärlichen Output enttäuscht.
Wir sind davon überzeugt, dass Menschen einen „freien Kopf“ benötigen, der nicht durch das Tagesgeschäft und die ständigen ungeplanten Störungen, die Zeit fressen und Blindleistungen produzieren, „dicht“ ist. Mit unserer Methode schaffen wir für die Mitarbeiter genau diese Zeitfenster und konnten damit schon Gruppen, von denen es niemand erwartet hat, zu Innovationsteams machen. Großer Vorteil dieses Ansatzes ist, dass Mitarbeiter Innovationen liefern, die direkt auf Basis des aktuellen Know-hows im Unternehmen entstehen. Diese Innovationen können erfolgreicher umgesetzt werden, weil dafür genug „Bodenhaftung“ vorhanden ist.

Warum sind diese Störungen so problematisch?

Durchschnittlich wird jeder Mitarbeiter pro Tag 27 Mal gestört. Das ist das Ergebnis einer Feldstudie, die Cornelius König, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität des Saarlandes, durchgeführt hat [1]. Wer sich bereits eine Stunde am Tag ausklinkt, arbeitet demzufolge effizienter und ist zufriedener. Wissenschaftler der University of California wiesen außerdem nach, dass Mitarbeiter, die zwischenzeitlich keine E-Mails empfangen, weniger gestresst sind und deutlich produktiver arbeiten [2]. Anders als Manager haben Mitarbeiter aber nur bedingt die Möglichkeit, sich eine kurze Auszeit zu nehmen und Outlook & Co. zu schließen oder die Sekretärin anzuweisen, keine Anrufe durchzustellen. Sie sind dafür auf das Entgegenkommen ihrer Vorgesetzten angewiesen, um sich für eine bestimmte Zeit aus dem Tagesgeschehen herauszuziehen. Das ist aber nur in den seltensten Fällen praktikabel. Sind die Mitarbeiter zu stark ins Tagesgeschäft eingebunden, können Innovation und neue Services nicht entstehen.

Das bedeutet mehr Freiräume für die Mitarbeiter. Wie können Unternehmen ihr Human Resource Management entsprechend neu gestalten?

Wir haben uns intensiv mit einer Vielzahl arbeits- und organisationspsychologischer Fragen auseinandergesetzt, um die Arbeitsweise neu zu ordnen. Für ein bestimmtes Zeitfenster sind die Mitarbeiter dabei ausschließlich in einer Rolle tätig und auch hauptsächlich in dieser ansprechbar. Sie arbeiten konzentriert und ohne Unterbrechungen an einem Stück. Natürlich muss die Abteilung aber gleichzeitig für Kunden, Kollegen und externe Partner jederzeit ansprechbar sein. Das ist der Spagat, den Unternehmen meistern müssen. Mit aqro haben wir ein Steuerungselement für diesen rollenbasierten Ansatz entwickelt. Dieser reduziert Blind- und Fehlleistungen und spart so Arbeitszeit ein, die für Innovationen sinnvoll genutzt werden kann.
Viel wichtiger aber noch: Es macht das Human Resource Management transparenter. Häufig sind die Abteilungen und das Arbeitsaufkommen im Unternehmen nur schwer zu überblicken. Mehr Transparenz bedeutet für die Abteilungsleiter und die Geschäftsführung natürlich auch mehr Steuerungsmöglichkeiten und mehr Planungssicherheit.

Eine Vielzahl der Unternehmen arbeitet mittlerweile international. Wie kann hier ein rollenbasiertes Human Resource Management in virtuellen, globalen Teams umgesetzt werden?

Gerade in virtuellen Teams mit Mitarbeitern aus unterschiedlichen Kulturkreisen, mit teilweise großen Unterschieden in der Arbeitsweise, dem strukturierten Vorgehen oder dem Prozessdenken, unterstützt ein rollenbasiertes Management das effiziente Zusammenarbeiten. Das leisten wir durch Klarheit – wer wofür zuständig ist, wo Übergabepunkte sind – und insbesondere durch die Festlegung, wie die Kommunikation zu laufen hat, damit alle „in time“ informiert sind und ihren Beitrag zum Ergebnis leisten können. Damit performen Teams, die bisher Findungsprobleme hatten, innerhalb kurzer Zeit.

Auch die Gesundheit der Mitarbeiter spielt in Unternehmen eine immer größere Rolle. Inwiefern sollten Führungskräfte diesen Aspekt unterstützen?

Das ist keine Frage des Sollens, sondern ein absolutes Muss. Die Mitarbeiter sind das Herzstück jedes Unternehmens. Wir haben eben das Thema Transparenz und die damit verbundenen Steuerungsmöglichkeiten angesprochen. Davon profitieren auch die Mitarbeiter. Durch mehr Transparenz können Unternehmen die Tätigkeiten und die Auslastung ihrer Abteilungen leichter einschätzen und kanalisieren. Vorgesetzte können so besser erkennen, wann ein Mitarbeiter Entlastung benötigt. Außerdem fällt es Unternehmen einfacher, Aufgaben umzuverteilen oder zielorientiert zu priorisieren. Ein rollenbasierter Ansatz reduziert darüber hinaus die grundsätzliche Belastung, da die Mitarbeiter seltener in ihrer Konzentration gestört werden.

Welche Fallstricke sehen Sie? Welche Hürden gilt es zu überwinden?

Häufig hören wir von Mitarbeitern, dass die neue Arbeitsweise nicht funktionieren kann, da jeder seinen eigenen Know-how-Schwerpunkt hat, den andere Kollegen nicht vollständig abdecken können. Mitarbeiter äußern zudem die Erwartung an den Einzelnen, dass alles, was an diesen herangetragen wird, sofort umgesetzt werden müsse. Auch wird argumentiert, man müsse immer erreichbar sein. Viele der Hürden liegen also in der Einstellung der Mitarbeiter selbst und in der Erwartungshaltung des Umfelds. Um diesem entgegenzuwirken, führen wir eine Art Pilotbetrieb durch, sodass der Nutzen und die Umsetzbarkeit für jeden Einzelnen spürbar werden. Danach sind diese Fallstricke und Stolpersteine in der Regel umschifft.

Für welche Unternehmen ist ein rollenbasierter Ansatz relevant? Eignet sich die Methode erst ab einer bestimmten Größe?

Für uns ist es völlig unerheblich, wie viele Mitarbeiter ein Unternehmen einsetzt. Rollenbasiertes Arbeiten ist sowohl für kleine und mittelständische Unternehmen als auch für international agierende Konzerne sinnvoll. Außerdem spielt es keine Rolle, in welcher Branche ein Unternehmen tätig ist.

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